Vor wenigen Tagen veröffentlichte das Karriereportal Stepstone den aktuellen Gehaltsreport 2018 für Fach-und Führungskräfte. Unter anderem werden in diesem Report auch die Top 5-Studienfächer genannt, die statistisch zu den höchsten Gehältern führen. Dies sind auf Platz
- Medizin und Zahnmedizin
- Rechtswissenschaften
- Wirtschaftsingenieurwesen
- Wirtschaftsinformatik
- Ingenieurwissenschaften
Als ich diese Top-5-Liste sah, musste ich spontan an die Zeit zurückdenken, als ich noch vor der Wahl stand, was ich studieren sollte. Denn so eine Liste birgt bei aller statistischen Berechnung und Informationsgehalt auch die Botschaft „Hey, wenn ihr das studiert, werdet ihr mehr verdienen als in anderen Fächern oder Branchen!“ Ein Job mit keinem allzu schlechten Gehalt war auch mein Wunsch, als ich noch in der Abiturphase war. Aus diesem Grund machte ich bei der Wahl meines Studienfachs zwei prägende Fehler, die genau auf solchen Listen beruhen.
Fehler 1: Meine große Leidenschaft waren Sprachen, von Anfang an. So lernte ich ab der fünften Klasse zunächst Russisch, ab der 7. Englisch und ab der 9. Klasse Französisch. Mein Ziel war immer klar, ich wollte Dolmetscherin werden. Leider machte ich in der 10. Klasse den ersten eklatanten Fehler und ging zur Berufsberatung des Arbeitsamtes. Der Berater dort lehnte sich, nachdem ich ihm erzählt hatte, was mein Ziel ist, zurück und sagte, ich werde es nie vergessen: „Linguisten landen später alle als Taxifahrer.“ Sechs Worte und zack, meine ganze Lebens- und Karriereplanung war für den Eimer, denn ich wollte natürlich kein Taxifahrer werden.
Davon abgesehen, dass meine schulischen Leistungen einbrachen, weil ich komplett meine Ziele und meine Perspektive verloren hatte, wusste ich bis zum Abitur nicht, was ich nun machen sollte oder wollte. Schließlich traf ich eine Entscheidung und macht damit den zweiten Fehler:
Fehler 2: Ich machte die Entscheidung über das Studienfach allein davon abhängig, was mir später einen sicheren und wenn möglich auch gut bezahlten Job einbringen könnte. Ich begann also ein Studium der Wirtschaftsinformatik. Dass mir Mathematik und abstraktes Denken gar nicht lagen und ich auch sonst mit Computern, Programmierung und Datenbanken nicht allzu viel am Hut hatte, blendete ich völlig aus.
Leider hatte ich auch niemandem in meinem Umfeld, der mich eines Besseren belehren konnte. Denn ich glaube, die Generation meiner Eltern dachte tatsächlich so praktisch wie ich bei der Wahl des Studienfachs.
Heute, 20 Jahre später, sehe ich viele Dinge anders. 1.) Ich würde niemandem empfehlen, die Wahl des Studienfachs oder Beruf aufgrund rationaler Gründe zu treffen. Die eigenen Fähigkeiten, Wünsche, Ziele, Fähigkeiten und Talente sind viel wichtiger. 2) Demzufolge würde ich, wenn jemand weiß, was er werden möchte, auf jeden Fall die Berufsberatung meiden. Und das Allerwichtigste ist 3) Wenn du einen Traumberuf, besondere Talente oder Ziele hast, verfolge sie und lass dich von niemandem davon abbringen. Egal, was es ist, wenn du Leidenschaft dafür hast, wirst du gut sein.
Ich weiß nicht, wie meine Kinder sich später entscheiden, ich werde ihnen auf jeden Fall empfehlen, auf ihr Herz zu hören und sich für einen Beruf oder ein Studienfach zu entscheiden, der/das sie erfüllt, glücklich macht und ihren Leidenschaften und Fähigkeiten entgegenkommt. Das ist aus meiner Sicht das Wichtigste. Dann findet sich auch alles andere.
Heute bin ich sehr glücklich mit meiner Arbeit und ich möchte nichts anderes machen.Das ist allerdings keine Selbstverständlichkeit und ich bin mir sicher, viele Studienabbrüche sind der rationalen Wahl anhand von statistischen Berichten und Listen, wie der aktuellen von Stepstone geschuldet. Aus meiner Sicht sollte man sie nehmen als das, was sie sind: Ergebnisse statistischer Berechnungen und ein netter Zeitvertreib. Punkt. Mehr nicht. Sie eignen sich definitiv nicht, um sich für ein Studienfach zu entscheiden. Dafür sind dein Herz, dein Bauch und deine Fähigkeiten, Talente sowie Leidenschaften verantwortlich. Ich habe vor zehn Jahren meinen Traumberuf gefunden, weil ich mich auf das konzentriert habe, was ich schon immer gern gemacht habe und sehr gut kann. Es fühlt sich nur manchmal nach Arbeit an, macht mich jeden Tag glücklich und ist auch das, was ich in den nächsten zehn Jahren machen möchte.